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Guter Kommentar von in der FAZ zur Debatte um die Regulierung des anonymen Messenger-Dienstes Telegram: Den Sumpf im Netz trockenlegen. Ich möchte mich dem Kommentar anschließen.
Gibt es ein wirksames Mittel, um zu verhindern, dass Telegram mit dem Hass ein Geschäft macht? Es war ein erster richtiger Schritt, dass die Bundesregierung klargestellt hat, dass Telegram sich wie Facebook behandeln lassen muss und nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz etwa zur Löschung strafbarer Inhalte verpflichtet ist. Plattformen, die wie Signal oder Threema nur individuelle Kommunikation anbieten, fallen unter dieses Gesetz nicht. Bei Telegram gibt es hingegen Kanäle mit Zehntausenden Abonnenten, und der Dienst ist längst eine Ausweichplattform für Nutzer, die anderswo wegen Hassrede gesperrt sind. (…)
Doch schon die ersten Überlegungen, wie man Druck auf Telegram aufbauen könnte, lassen die Netzgemeinde in Deutschland aufjaulen. Die Aktivisten sind bereit, unter dem Banner von Freiheit und Demokratie für ein Geschäftsmodell zu kämpfen, das Verächtern von Freiheit und Demokratie einen sicheren Hafen bietet. Wenn die neue Bundesregierung den Sumpf im Netz trockenlegen will, darf sie sich davon nicht beeindrucken lassen.
Ich bin das immer gleiche, reflexhafte Geblubber aus der Netzbubble leid, die Aktivisten wiederholen seit 15 Jahren dasselbe Geschwätz, als hätte Martin Gurri nicht genau solche Entwicklungen bereits vor mehr als 10 Jahren in “Revolt of the Public” vorhergesagt. Als hätte es den Sturm aufs Capitol nicht gegeben, als würden die Outrage-Mechanismen nicht auch in Messenger-Diensten mit Broadcast-Funktionen greifen und selbstverstärkende Radikalisierungsspiralen initiieren.
Ich bin ja auch dafür, zunächst die rechts-anbiedernde Politik in Sachsen für diese Phänomene verantwortlich zu machen und Polizei auf Online-Streife in diesen, äh, “Foren” zu schicken, alles richtig. Aber es ist auch so, dass Deplattforming funktioniert und manche Plattformen ganz einfach “kippen” können, man hat das doch alles schon auf /pol und 8chan/8kun gesehen, die nach orchestrierten Übernahmen rechter Gruppierungen zum Breeding Ground für stochastischen Rechtsterrorismus wurden.
Das Problem Telegram ist nur ein Ausschnitt aus einer weit größeren Debatte, die bislang von niemandem geführt wird. Telegram stellt durch seine Broadcast-Funktionen öffentliche Räume her, siegelt sie aber durch Verschlüsselung vor dem Zugriff durch staatliche Autoritäten ab. Rechtsradikalen Gruppen auf Telegram mit Massen von tausenden bis hunderttausenden Menschen, die ihren Tötungsphantasien öffentlich freien Lauf lassen, bilden durch ihre Produktion öffentlicher Räume semi-institutionelle soziale Einheiten. Ihre Äußerungen haben öffentlichen Charakter und sind grundsätzlich justiziabel, werden durch Kryptographie und ein globalisiertes Wirtschaftsnetz allerdings nicht verfolgbar. Ein Paradoxon des Rechtssystems, das den neuen Digitalen Realitäten nicht gewachsen ist. In a way haben die Netzaktivisten Recht, wenn sie deshalb auf die Hilflosigkeit der Politik hinweisen, was bezüglich des grundsätzlichen Problems aber ebenso wenig hilfreich ist. Und ich bin nicht bereit, angesichts aufgewiegelter Massen und stochastischem Terror zu sagen: “Mei, is halt so, keep your fingers off mah cryptographically anonymized communiation technology.” I’m having none of this.
Insistenz auf Freiheit in Anonymität versagt bei der Verschlüsselung öffentlicher Rede und die Argumente von Netz-Aktivisten hinsichtlich privater Kommunikation sind bei Öffentlicher Rede irrelevant. Die Frage ist also: Darf öffentlicher Raum, der auf Telegram zweifelsohne von seinen Nutzern produziert wird, kryptographisch verschlüsselt werden.
Ich halte verschlüsselte Kommunikation auf globalisierten Plattformen mit SocialMedia/Broadcast-Funktionen, die sich jeglichem juristischen Zugriff entziehen können, für eins (!) der wesentlichen (!) Elemente von Online-Radikalisierung. Die letzten 10 Jahre haben genau das immer und immer wieder gezeigt.
Deshalb bin ich für ein Verbot von Telegram.
Convince me otherwise.
Martin Gurri – The Revolt of the Public and The Crisis of Authority (Bard College, NY 12.10.2017)
ACROSS THE WORLD, the reputation of elites and their institutions is in free fall. A flood of online information has given the public unprecedented access to elite individuals in politics, media, academia, science, business, and an array of other fields. Thanks to tools like social media, the activist public has greater proximity to its supposed mandarin class than ever before. What this newfound intimacy has revealed has not always been flattering. Many of those who had been held up as elites in their fields have, upon closer examination by the public, been revealed as mediocre, incompetent, buffoonish, and, in some cases, possibly unhinged.
At the same time, the public, for all its passion, has also revealed itself to be vulnerable to conspiracy theories, disinformation, and outbreaks of hysteria. In 2014, a former CIA media analyst named Martin Gurri published “The Revolt of the Public and the Crisis of Authority in the New Millennium.” Gurri had spent his career analyzing the global information environment and could see that something major was ahead.
“The Revolt of the Public” predicted that the information revolution unleashed by the internet would end up destabilizing politics and institutions around the world, perhaps for decades to come. A flood of new online information — along with a series of failed wars and financial crises — would conspire to bleed the legitimacy of elite institutions and their representatives in the eyes of the public, likely beyond repair.
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